Wolfsburger Kreis - wozu?
Seit Juni 2002 gibt es den Wolfsburger Kreis als Vereinigung homosexueller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Volkswagen AG. Was sind die Intensionen, Aufgaben und Ziele des Wolfsburger Kreises?
Sexuelle Orientierung wird verborgen gehalten
Die Volkswagen AG beschäftigt derzeit einschließlich der Auszubildenden 104.700 Mitarbeiter. Bei einer angenommenen Quote von 5% gemessen an der Gesamtbevölkerung sind statistisch gesehen 5.200 Mitarbeiter in den inländischen Standorten der VW AG homosexuell. Ein verschwindend kleiner Teil, nämlich 120 Mitarbeiter oder 2,3% dieser 5.200 Kolleginnen und Kollegen bekennt sich mehr oder weniger offen zu seiner sexuellen Orientierung. Anders ausgedrückt halten über 97% der lesbischen und schwulen Mitarbeiter im Unternehmen es für angebracht, ihre Homosexualität zu verschweigen oder gar zu verbergen. Selbstverständlich bleibt es jedem Menschen überlassen, seine sexuelle Orientierung preiszugeben oder sie für sich zu behalten. Erstaunlich hierbei ist jedoch, dass ganz offensichtlich die übrigen 99.500 heterosexuellen Mitarbeiter des Unternehmens keine Probleme haben, sich als Heterosexuelle zu bezeichnen und so zu sein, wie sie eben sind, nämlich heterosexuell.
Verstöße müssen benannt werden
Die Gründe für dieses Phänomen sind leicht zu deuten. Ein wesentlicher Aspekt für das Verhalten der Homosexuellen ist schlicht die Furcht vor Repressalien, Mobbing und Ausgrenzung durch ihre Kollegen sowie die Angst vor dem Ende ihrer Karriere. Dabei sind diese Befürchtungen und Ängste häufig unbegründet. Das Unternehmen Volkswagen verfügt mit der Betriebsvereinbarung „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ und mit der „Sozialcharta 2002“, welche Chancengleichheit und Gleichbehandlung unter anderem auch ungeachtet der sexuellen Orientierung gewährleisten, über vorbildliche Instrumente, die die Belange und Rechte aller Werksangehörigen- und damit auch die der Homosexuellen- schützt. Natürlich wird hin und wieder gegen Geist und Buchstabe dieser Vereinbarungen verstoßen und zwar in allen Bereichen des betrieblichen Alltags und nicht etwa ausschließlich im Miteinander von heterosexuellen und homosexuellen Kolleginnen und Kollegen. Zur Unterbindung derartiger Verstöße gibt es die eben genannten Vereinbarungen. Sie können allerdings nur greifen und wirksam werden, wenn jeder Betroffene sie auch nutzt und sie im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen, wie dem Personalwesen, dem Gesundheitsschutz, den Betriebsräten und Vertrauensleuten in Anspruch nimmt. Hier bietet der Wolfsburger Kreis seine Mithilfe an, indem er den Betroffenen als erster Ansprechpartner dient und eine Vermittlerrolle zu den eben genannten Stellen im Unternehmen einnimmt. Die Notwendigkeit für diese Funktion ergibt sich allein schon aus den eingangs genannten Zahlen über die ungeouteten Mitarbeiter im Unternehmen.
Tarnung des Doppellebens kostet Energie
Man braucht kein Experte sein, um zu erkennen, wie viel Kräfte und Energien es kostet, den Erwartungen anderer Menschen zu entsprechen, mit dem einzigen Ziel, das Bild eines kompetenten, erfolgreichen, zuverlässigen und vermeintlich heterosexuellen Kollegen oder Vorgesetzten abzugeben. Wir sind überzeugt, das Unternehmen sähe diese Energien seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel lieber in wichtigere Aktivitäten investiert, als in der belastenden und kräftezehrenden Tarnung eines Doppellebens. Aus persönlicher Erfahrung wissen wir, wie viel besser es uns geht, seit wir unsere Homosexualität nicht mehr verbergen, sondern sie als einen ganz wichtigen und normalen Teil unserer Persönlichkeit akzeptieren. Am beeindruckendsten finden viele von uns, mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Kollegen, insbesondere aber auch Vorgesetzte bis hinein in die oberen Chefetagen mit unserer „neuen Identität“ umgehen. Von Benachteiligung oder Ablehnung keine Spur. Und nur so kann es auch sein, denn anderenfalls wären sie keine wahren und verantwortungsbewussten Führungskräfte.
Verschiedenartigkeit von Menschen wertschätzen
Dennoch wünscht sich der Wolfsburger Kreis von den zuständigen Stellen im Unternehmen mehr Unterstützung für sein Anliegen. Denn das Bewusstsein für die Probleme der Homosexuellen in der Arbeitswelt ist noch längst nicht überall sensibilisiert. Korrekter muss von Problemen einiger heterosexueller Kollegen im Umgang mit homosexuellen Kollegen gesprochen werden Hier schwebt uns das herausragende Engagement der „Diversity Initiative“ beim Mitbewerber Ford vor. In diesem Unternehmen wird bereits seit einigen Jahren eine langfristige Kulturveränderung hin zu offenen Denkweisen vorbildlich angestrebt. Das fängt damit an, die Verschiedenartigkeit und Unterschiedlichkeit von Menschen anzuerkennen und wertzuschätzen und zielt letztlich darauf ab, dass alle Mitarbeiter ein Spiegelbild der Gesellschaft und damit der Fahrzeugkunden sind, deren Erwartungen es besser zu erkennen und zu erfüllen gilt. Der Verband schwuler Führungskräfte (Völklinger Kreis) zeichnete Ford 2001 mit dem Max-Spohr-Preis aus. Die Ford-Werke in Köln hätten Minderheiten im Unternehmen nicht nur geschützt, sondern „in vorbildlichem Maße gefördert“, so Klaus Weinreich, Bundesvorsitzender des Völklinger Kreises, dem bundesweit rund 700 schwule Manager angehören.
Interessenverband homosexueller Mitarbeiter der Volkswagen AG
Treffen Jeden 1. Donnerstag ab 19 Uhr im TANNENHOF, Kleiststr.49, Wolfsburg. Fällt der 1. Donnerstag auf einen Feiertag, treffen wir uns nur eine Woche später!
Christian Hoppe
christian.hoppe[at]wolfsburger-kreis.de
Mobil 0171-8 51 02 58